Das Spiel von Job dem Deutschen. Ein Mysterium. – By Kurt Eggers

Kurt Eggers’s Das Spiel von Job dem Deutschen. Ein Mysterium.

Scott C. Jones’s Introduction

Scott C. Jones’s Translation, Job the German: A Mystery Play.

Berlin-Südende: Volkschaft Verlag für Buch-Bühne und Film, 1933.

Direct links to sections of the play:
5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64


Otto Laubinger [S. 5]

dem Führer der deutschen Schauspieler gewidmet

BLANK [S. 6]

Personen: [S. 7] Der Herr der Herrlichkeiten,
Der Erzengel Michael, Schirmherr der Deutschen,
Der böse Feind,
Job, der Deutsche,
Sein Weib,
Seine Söhne,
Der Knecht,
Die Armut,
Die Seuche,
Das Laster,
Die Chöre der Engel, der Knechte, der Totenträger,
Gefolge der Armut, der Seuche, des Lasters.

BLANK [S. 8]

[S. 9]

Das Vorspiel im Reiche Gottes.

Personen:
Der Herr der Herrlichkeiten,
Der Erzengel Michael, Schirmherr der Deutschen,
Der böse Feind,
Chöre der Engel.

Das Vorspiel

Die Chöre der Engel [S. 10] Preislied.

Herr über den Wolken,
Herr über der Erde,
Herr über Meeren und Sternen,
Herr über Monden und Sonnen!
Das Weltall ist deiner Grösse Kleid
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Menschen leben, Menschen sterben,
Zeiten kommen, Zeiten schwinden,
Licht und Schatten hat die Welt.
Flug und Wechsel sind die Tage,
Die die Menschen Dasein heißen:
Zu dir hin fließt der Strom der Zeit
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Die Bäume des Waldes,
Die Früchte des Feldes,
Das Singen der Vögel des Himmels,
Das Spielen der Fische des Meeres
Die Tiere und Blumen auf Erden:
Die Kreatur
Dient in Demut deiner Heiligkeit
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Die Frommen loben dich,
Die Bösen fürchten dich,
Die Finsternis verbirgt sich
Vor deinem Licht.
Dein Wille ist die Tat,
Dein Odem ist der Sieg.
Du bist die Wahrheit,
Du bist die Herrlichkeit
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Nazi Speech. Image by RV1864 via Flickr.
Nazi Speech. Image by RV1864 via Flickr.

Der böse Feind [S. 11]

So sprechen Engel, so sprechen Toren,
So sprechen die Blinden und die Lahmen,
Die die Kraft zum Kampf verloren
Und zu Kreuz gekrochen kamen.

Was soll der Dank der Kreatur!
Was Herrlichkeit, was Ewigkeit,
Der Mensch lebt eine kurze Zeit,
Kurz ist sein Jauchzen nur.

Dann naht sich schon die graue Not
Und presst den Fluch ihm aus der Kehle.
Die Sense schwingt der Schnitter Tod,
Und mir gehört die Seele!

Seht auf die Mühen jener Welt,
Die unter uns sich windet!
Der eine steht, der andre fällt,
Zum Ziele keiner findet.

Hört auf das Stammeln, auf das Flehen,
Hört auf das Rufen rings umher.
Ihr braucht die Menschen nur zu sehen,
So seht ihr in ein Tränenmeer!

Geht in die Häuser, in die Stuben,
Geht in die Städte, geht aufs Land,
Geht zu den Greisen, zu den Buben:
Nichts ist von euerem Herrn bekannt!

Die Not macht hart, die Sorge stumm,
Das Leid singt euch nicht Lieder.
Der Menschenfrage des Warum
Hallt keine Antwort wider.

Ihr habt gut reden von dem Sieg,
Denn ihr habt nichts zu leiden.
Des Menschen Leben ist ein Krieg, [S. 12] Ein Hassen und ein Neiden.

Fängt dabei einer an zu beten,
Hat er die Hungersnot im Haus,
Der Schwächling! Er wird totgetreten,
Und mit dem Beten ist es aus!

Der Erzengel Michael

Menschenleiden dient zur Reife!
Daß der Mensch den Sinn begreife,
Ward ihm Kampf gegeben.
Wer da klagt
Und verzagt,
Ist nicht wert, ein Mensch zu sein!

Der böse Feind

Du siehst die Menschen etwas schief!
Jedoch dein Himmelsperspektiv
Läßt sie dich anders schauen
Als sie sind.
Der Mensch wird blind
Vom Weinen!

Der Erzengel Michael

Du als der Geist der Dunkelheit
Siehst nur der Menschen Traurigkeit!
Allein das Schlechte
Scheint dir das Rechte.
Je dunkler die Nächte,
Je heller die Tage.
Je härter die Plage,
Je schöner der Sieg!
Ueber dem Heute
Leuchtet ein Morgen.
Hinter den Sorgen
Lacht schon das Glück! [S. 13] Selig der Mensch,
Der da glaubt!
Selig der Mensch,
Der da weiß!
Selig der Mensch,
Der da sieht!

Der böse Feind

Ich will dir einen Menschen suchen,
Der deinem Bilde ähnlich ist.
Er soll dein Himmelslicht verfluchen,
Wenn er den Staub der Sorge frißt!
Die leeren Hände soll er strecken,
Um eine Gnade zu erjagen:
Mit seinem groben Bettelstecken
Wird er dein Himmelsbild zerschlagen!
Der Mensch ist gut,
Solang sein Blut
Zufrieden ist.
Doch kommen die Stunden
Der Schläge und Wunden,
Dann wird er zum Tier!
Dann wird sein Gott
Zu Hohn und Spott!

Der Herr der Herrlichkeiten

Du Geist der Finsternis,
Schweige!
Du Bote der Kümmernis,
Steige
Zu den Menschen der Erde,
Und es werde
Dir Recht gegeben,
Bringst du das Leben
Eines zu Falle,
Der zu mir gehört!
Versuche Job, den Deutschen!

In meinem Erdenreich [S. 14] Ist keiner ihm gleich
Unter den Menschen.
Bringst du den Besten in deine Schlinge,
So sei mein Werk an dieser Welt zuende,
Dann falle sie in des Satans Hände,
Dann bringe
Ihr völlig den Untergang!

Doch besteht der Deutsche
Die List,
Dann bist
Du, Satan,
Fortan
Nicht mehr geduldet!
Dann sei der Frevel gesühnt,
Den die Menschheit verschuldet!
Versuche Job, den Deutschen!
Versuche ihn zu verderben,
Und du sollst triumphieren
Oder – sterben!

Der böse Feind

Wohlan, die Wette gilt
Ich werde dir dein Ebenbild
Zerbeulen und zerjagen,
Zerkratzen und zerplagen,
Zermürben und zerreißen,
Zerstückeln und zerbeißen,
Daß auf der weiten Erde
Nicht seinesgleichen werde
Ein zweites Mal gefunden.
Wird Job, der Deutsche sein!
Ich will ihn treten
Und kneten,
Und er wird zu mir beten,
Wie einst zu dir! [S. 15] Dann wird er mir gehören,
Und ich will das zerstören,
Was du gebaut!
Bin ich der Herr auf Erden,
Soll dort die Hölle werden.
Ich werde Job bezwingen!

Der Erzengel Michael

Job, du Deutscher! Deinen Glauben
Will der böse Feind dir rauben,
Will dich in sein Netz verstricken,
Will die Seele dir erdrücken,
Daß das Gute in der Welt
Mit dir jäh zusammenfällt.

Job, du Deutscher, alles Leben
Ist in deine Hand gegeben
Und du sollst einmal vom Bösen
Eine ganze Welt erlösen.
Job, sei stark!

Der Chöre der Engel

Job, sei stark!
Job, sei stark!

Der böse Feind

Sei Stark!! Sei stark!!!
Hast du schon Angst um jenen Wicht,
Daß eine Mahnung aus dir spricht?
Der Herr in seiner Herrlichkeit
Tut mir mit dem Vertrauen leid,
Daß er den Bau der ganzen Welt
Auf dieses Deutschen Schultern stellt!
Bricht er zusammen,
Dann lodern die Flammen
Der Hölle empor [S. 16] Und züngeln
Und kringeln
Bis an das Tor
Eures Himmels!

Der Herr der Herrlichkeiten

Schweige!
Steige
Zur Erde!
Es werde
Geklärt,
Was zu mir,
Was zu dir
Fortan gehört!
Hinweg Satan, von meinem Angesicht!

Die Chöre der Engel

Wunderbar ist das Walten
Der Herrlichkeit Gottes.
Unerklärlich das Schalten
Der Herrlichkeit Gottes.
Die Frommen loben ihn,
Die Bösen fürchten ihn
In seiner Herrlichkeit.
Groß ist der Herr
In Ewigkeit.

[S. 17]

II. Die Heimat Jobs des Deutschen.

Personen

Der Erzengel Michael, Schirmherr der Deutschen,

Job
Sein Weib,
Seine Söhne,
Der Knecht,
Die Chöre der Engel, der Knechte und der Totenträger.

Job inmitten seiner Knechte [S. 18] Preislied der Heimat und des Friedens

Gepriesen das Land, dem der Frieden
Durch Gottes Gnade beschieden.
Gepriesen auch sei der Mann,
Der Frieden halten kann.
Friede ernährt,
Unfriede zerstört
Gottes Welt.
Wer das Zepter hält,
Hält auch das Schwert,
Daß es dem Feinde wehrt,
In das Haus des Frommen
Als Dieb zu kommen.
So will es Gott.
Wohin meine Augen auch schauen,
Sind Felder und Wälder und Auen,
Ist mein Land.
Väter haben es teuer erworben,
Väter sind für das Land einst gestorben,

Chor der Knechte 

Für die Heimat!
Wer für die Heimat dem Feinde nicht wehrt,
Der ist der Scholle der Väter nicht wert,
Der ist kein Sohn.
Herr, erhalte den Frieden
Hienieden.

Job 

Was ruft der Knecht dort? … Was winkt er … Der
Knecht … was bringt er? … Gutes? Böses? Hilf,
Herr, laß alles wohlgelingen!

Der Knecht
ruft von weitem 

Herr, ich bringe Nachricht!

Job [S. 19]

So bringe gute Nachricht!

Der Knecht
(tritt hinzu)

Herr, es ist keine gute Nachricht, die ich bringe. Der
Feind kam über die Grenze, um zu morden und um
zu rauben. Herr, es ist Krieg im Lande! Schon sind
Aecker verwüstet und Menschen erschlagen. Herr,
es ist Krieg. Dein Weib schickt mich, dich zu holen,
daß du dich wahrst und wehrst.

Job

Das Eisen der Sensen und der Pflüge muß geschmiedet
werden
zu Aexten und Schwertern, zu Spießen und Lanzen,
Denn es ist Krieg im Lande.
Und wenn Krieg ist, ruht die Arbeit des Friedens.

Der Knecht

Fürchtest du dich, Herr?

Job 

Furcht ist es nicht, was mein Herz erregt. Aber ich trage
Verantwortung, und die heißt mich auf das Ende sehen,
das sich dem Anfang anschließt.

Der Knecht

Deine Söhne freuen sich des Krieges, Herr!

Job [S. 20]

Und das ist gut so. Eine Tugend, die nicht mehr
Kriegsfroh ist und mutig in der Schlacht, die läßt die
Heimat leicht verderben.

Der Knecht

Doch dein Weib, Herr, ist traurig.

Job

Wundert dich das? Sie ist ja Mutter, siebenmal,
Und Mütter haben im Kriege das Allermeiste zu
Verlieren. –

Kriegslied der sieben Söhne Jobs
(gesprochen)

Das Land brennt, das Blut schreit,
Der Feind ist da.
Unser Leben ist jung, unser Weg ist weit,
Der Feind ist da.

Chor der Knechte

Das Eisen der Sensen wird zum Schwert,
Das in der Feinde Herzen fährt,
Der Feind ist da,
Und mit ihm zieht der Tod,
Der färbt die Sensenschwerter rot
Mit Blut.
Mit Feindesblut,
Mit unserm Blut,
Der Tod.

Söhne und Knechte

Wir ziehen durch die dunkle Nacht
Ins Morgenrot der Freiheitsschlacht, [S. 21] Wir alle.
Bleibt uns das Leben? Kommt der Tod?
Wir wissens nicht.
Das Morgenrot
Ist stumm.
Unser Leben ist jung, unser Weg ist weit.
Wir streiten für die Herrlichkeit
Der Heimat.

Job

Ich grüße euch, Söhne, die ihr kämpfen werdet für die
Heimat, für das Land, das euer Erbe ist.
Wer nicht kämpft, wird nicht besitzen, das ist die
Wahrheit, die uns unsre Väter lehrten.

(Söhne und Knechte ziehen ab)

Job
(zu seinem Weib)

Weib, es ist schwer für mich und dich,
Gott zu danken für die Gabe,
die er uns diesen Tag bescherte.
Jedoch er weiß, was seinen Knechten ziemt
Und will, daß sie gehorchen und nicht murren.
Die letzte Weisheit, die wir Menschen haben,
Heißt: sich bescheiden.
Drum wollen wir nicht klagen, wenn der Acker brach
liegt
Und das Unkraut sich verbreitet.
Einst kommt der Tag, da es gejätet wird!
Wir wollen beten für das Leben unsrer Söhne,
Daß sie den Feind bestehen und nicht wanken.

Das Weib [S. 22]

Furchtbares, Job, sah meine Seele im Schlafe.
Vier große Feuer und ein kleines brannten in dem Lande,
Das uns gehört. Unermeßlich war der Schaden, den
es brachte.
Und sieben starke Eichen brachen über Nacht zusammen.
Es war, als ob das Herz mir aus der Brust gerissen wurde,
Als ich die Eichen stürzen sah.
Ahnungen kreisen um mein Herz
Wie Totenvögel um ein Opfer.
Eine schwere Zeit, Job, hat der Herr gesandt.

Job

Weib, wie es auch kommen mag mit uns und unserm Land,
Wir müssen fest sein, denn der Schwächling
Wird jähe vom Strudel des Verderbens hinfortgeführt
In der Verzweiflung Meer, und elend ist sein Untergang.
Weib sei stark! Und höre nicht auf jene düsterschwere
Ahnung,
Die einem Totenvogel gleich dein Herz umkreist
Und deine Seele dir erstarren läßt!
Wer weiß, ob nicht der böse Feind dir die Versuchung
sandte,
Um dir den Fluch aufs Schicksal in den Mund zu legen
Und dich zu reißen aus dem Reich des Herrn der
Herrlichkeiten,
In dem die Seele durch den Glauben wohnt.

Das Weib [S. 23]

Du sprichst, Job, wie ein Mann, der sich nicht fürchtet.
Doch ich bin Mutter, und ich bange um das Leben
meiner Söhne,
Die mein Leib hergab um unsrer beider Liebe willen,
Und was ein Mutterleib einst barg, hängt ewiglich
mit ihm zusammen.

Job

Wohl achte ich den Kummer deines Herzens, mein Weib.
Doch dämme deiner Tränen Lauf, wenn unsre Söhne
kommen,
Um Vatersegen und Mutterkuß sich mitzunehmen auf den
langen Weg,
Der ihnen vorgezeichnet ist durch das Gebot des Blutes.

(Die sieben Söhne ziehen ein)

Abschiedslied der Söhne
(gesprochen)

Unser Herz ist stark, unser Leib gerüstet.
Aus dem Bauersmann ist ein Krieger geworden.
Zum Würgen und Morden
Zwingt ihn der Krieg.
Wer ein Krieger ist, der hat Freude am Kampfe,
Dem ist das Schwert
Der liebste Gefährt,
Dem Krieger.
Wir ziehen ins Feld
Und die Entscheidung fällt
Heut oder morgen.
Was sollen wir sorgen
Um unser Los, [S. 24] Wir Krieger!

Job

Der Herr sei mit euch, meine Söhne,
Wenn die Stunde der Entscheidung sich naht.
Das Gebet des Kriegers heißt: Gott gib mir Kraft!
Kraft zum Kämpfen, Kraft zum Sterben, wie Du
willst!
Aber laß mich nicht als Feigling fallen,
Als Verräter meiner Heimat!
So zieht hinaus, meine Söhne,
Und mein Gebet steht über euch!

Die Söhne

Dank sei dir für den Segen, Vater.

Das Weib

Kommt wieder, ihr Söhne,
Kommt wieder!
Meine Liebe geht mit euch,
Um des Feindes Schwert
Von euerm Herzen abzulenken.
Kommt wieder!

Die Söhne

Dank sei dir für deine Liebe, Mutter.

(Die Söhne ziehen aus)

Unser Herz ist stark, unser Leib ist gerüstet.
Aus dem Bauersmann ist ein Krieger geworden.
Zum Würgen und Morden
Zwingt ihn der Krieg.

Das Weib [S. 25] (nach kurzer Pause)

Mein Traum wird Wahrheit, Job!
Die Feuer brennen.
Mein Gott! Die Söhne!

Job

Die Feuer brennen, Weib!
Noch aber stehn die Eichen!
Noch ist die letzte Schlacht nicht ausgestritten.
Der Herr hat uns noch nicht verlassen.

Das Weib

Ob er uns denn verlassen wird?
Ob er es kann?
Ob er es darf?
Wer ist denn Gott,
Wenn er das tut?

Job

Der Herr ist gerecht und weise,
Er prüft niemanden über sein Vermögen.
Frage nicht,
Klage nicht,
Der Herr ist gerecht und weise!

Das Weib

Feuer sah ich brennen,
Vier große und ein kleines.
Und sieben Eichen sah ich fallen,
Dann ward es Nacht rings um mich her.

(Die sieben Söhne werden erschlagen zurückgebracht.)

Chor der Totenträger 

Wunden auf Stirn und Brust
Trugen die Söhne, [S. 26] Als wir sie fanden erschlagen
Unter zehnmal sieben erschlagenen Feinden.
Wunden auf Stirn und Brust
Trugen sie alle
Bis auf den jüngsten Sohn,
Der ward meuchlings erschlagen.
Wohl dem Krieger,
Der als Held
Für seine Heimat
Kämpfend fällt.
Er ist bei Gott
Im Reiche des Lichtes.
Denn der Herr liebt die Tapfern
Und hasset die Feigen.
Ehre den gefallenen Helden,
Sie sind bei Gott.

Job

Herr, warum schlugst du mich
Mit diesem Unglück!
Herr, warum trugst du nicht
Der Gerechtigkeit Schild?
Sieh, meine Hände sind schuldlos
Um Kriege.
Warum ließest du zu,
Daß meine Söhne fielen
Im Kampf für das Recht?
Warum gabst du dem Feinde
Die Macht, zu besiegen
Das Gute?

Das Weib

Das Blut meiner Söhne ist mein Blut,
Und das steht auf und verklagt
Den Herrn der Herrlichkeiten
Wegen des Unrechts in seinem Walten,
Wegen der Willkür. [S. 27] Wegen des Mordes an meinen Söhnen!

Job

Weib, Weib, du lästerst den Herrn!

Das Weib

Nicht ich lästere ihn!
Er lästert sich selber.
Er riß das Herz einer Mutter,
Das zuckende, bebende Herz
Aus der Brust
Und warf es den Geiern zum Fraße.

Der Knecht

Recht hat dein Weib, Herr.
Wenn es Gerechtigkeit gibt,
Warum läßt sie den Frommen
Durch Unrecht verkommen?
Warum denn zeugt
Das Unrecht auf Erden
Wider den Himmel?
Der selber ja beugt
Das Recht unter Gewalt!
Warum?

Job

Ich weiß dir keine Gegenrede, Knecht!

Das Weib

Nicht meine Söhne allein,
Das Recht auf Erden selber liegt erschlagen
Nach diesem Kriege!
Warum denn kann der Herr der Herrlichkeiten
Nicht antworten auf meine Frage. [S. 28] Warum?

Der Knecht

Erschlagen sind eure Söhne
Von der Willkür des Himmels.
Es gibt keinen Gott,
Es ist alles nur Täuschung,
Alles nur Zufall.
Betet zum Zufall, daß er euch voraussieht
Zum Glück der Gelegenheit.
Heute hier, morgen dort,
So ist es die Laune des Zufalls.
Nutzt die Gelegenheit,
Denn sie ist wandelbar.

Das Weib

Der Knecht, Job, scheint nicht im Unrecht zu sein,
Wenn er so spricht.
Ein Zufall war der Krieg.
Und einem Zufall wurden die Söhne geopfert!
Unsere Söhne!

Job

Weh, ich vermeine sieben Tode zu sterben,
Und Feuer brennen in meiner Brust,
Vier große und ein kleines!

Der Knecht

Da hast du’s, Herr, da, sieh!
Der Herr der Herrlichkeit
Kann deinem Leid
Nicht wehren.
Nur vermehren
Kann er die Pein, [S. 29] Die Angst, das Verlassensein,
Dein Gott.
Und deine sieben Söhne
Sind umsonst gefallen!

Der Aufschrei Jobs

Herr der Herrlichkeiten,
Stürze des Himmels Gewölbe auf die Erde,
Daß dein heiliger Wille werde
Offenbart.
Mit deinen Sternen steinige diesen Frevler,
Der das Wort Umsonst gesprochen hat.
Räche, Herr, räche die Tat dieses Knechtes,
Räche dieses furchtbare Wort,
Das deine Allmacht schändet.
Herr, deine Herrlichkeit
Kennt kein Umsonst,
Und deine Heiligkeit
Weiß nichts von ihm.
Der Tod der Söhne kennt kein Umsonst.
Ihr Sterben hat Sinn,
Wenn auch du ihn verbirgst.
Laß mich daran halten, Herr,
Und wehre aller Versuchung,
Ich glaube, Herr!

Der Knecht

Tor, der du bist,
Warum beugst du
Dein Haupt?
Warum schweigst du
Vor der Gewalttat jenes Gottes?

Der Erzengel Michael [S. 30]

Gelobt sei der Herr,
Der die Kraft gibt!
Gelobt sei der Herr,
Der die Kraft liebt
Im Schwachen!
Dein Glaube hielt Stand,
Als die Hand
Satans
Nach ihm griff.
Job, bleibe stark;
Was auch noch kommen mag,
Versuchung und Schicksalsschlag,
Sind kleiner als die Liebe
Des Herrn der Herrlichkeiten.

Job, du Deutscher, deine Söhne
Sind gerettet
Durch den Glauben und den Sinn des Schicksals.
Ihre Seelen sind verkettet
An die Liebe Gottes.

Die Chöre der Engel
(sprechen das Totenlied)

Ueber eine Brücke gleiten
Schatten erdgelöster Geister.
Durch der Weltenräume Weiten
Ruft der Herr sie als ihr Meister.

Ueber einer Erde Ringen
Steht das Tor zur Ewigkeit.
Und die Seelenschatten bringen
Gott, der Seele Heiligkeit.

Feuerträger sind die Seelen, [S. 31] Hell auf Erden strahlt ihr Licht.
Kämpfen, Siegen, Leiden, Fehlen
Löschen Gottes Feuer nicht.

Heilig ist der Seele Glühen,
Heilig ihre Kämpferzeit,
Heilig ihr Hinüberziehen
In das Reich der Ewigkeit.

BLANK [S. 32]

[S. 33]

III. Die große Versuchung.

Personen:

Der Erzengel Michael, Schirmherr der Deutschen,
Job,
Sein Weib,
Die Armut,
Die Seuche,
Das Laster,
Gefolge der Armut, der Seuche und des Lasters,
Die Chöre der Engel.

Das Weib [S. 34]

Es ist einsam geworden um uns in unserm Lande,
Job. Kein Lachen froher Tugend dringt zu uns.
Kein Sang ertönt vom Felde her zur Dämmerzeit.
Und wenn die Nacht sich senkt, dann wird mir Angst!
Wie tote Augen starren mich die Stätten an, die
einstmals voller Leben waren.

Job

Es wird der Tag einst kommen, Weib, da auch der
Glanz, der jäh gewichen ist, den Augen neues Leben
geben wird! Und junges Grün wird auf der braunen
Erde sein, die fruchtlos wurde, als die Feuer brannten.

Das Weib

Job, glaubst du selber an dein Wort? Wie kann ein
Totes aus sich selber Leben haben? Wir sind zu
Greisen worden, Job, als man die Toten brachte,
und in ihren Gräbern ruhn auch unsre Kräfte.

Job

Sprich nicht so mutlos, Weib!
Wem Gott ein Leben gab, dem gab er auch ein Werk,
und wem er Leben ließ, den ließ er auch im Werk,
wie darf denn unser Werk begraben sein,
wenn unsre Leiber leben?

Das Weib

Vergib mir, Job, daß ich nicht denken kann wie du
es willst.
Ich bin ein Weib,
Und all mein Denken ist erloschen,
Seitdem das Licht erloschen ist,
Das einst mein Leben hellgemacht. [S. 35]

(nach kurzer Pause)

Sieh, Job, das Bettelweib, das sich uns naht!
Wie ist es alt und häßlich!
Wie garstig sind die Lumpen ihres Kleides,
Wie verwahrlost ist ihr Angesicht,
Wie wirr sind ihre Haare,
Und ach, wie gar so trostlos ihre Augen!

Die Armut

(nähert sich mit ihrem Gefolge)

Was starrt ihr mich an,
Du Weib und du Mann?
Was betrachtet ihr,
Was verachtet ihr
Mein Gewand?
Seht, meine Hand
Hat einstmals
Wie ihr
Im Golde gewühlt!
Und auch mein Herz hat gefühlt,
Was Glück,
Was Schönheit
Und was Freude ist.
Doch jetzt ist
Alles vorbei.
Es gibt kein Zurück
Aus der Armut.
Armsein,
Das ist das Schlimmste!
Armsein,
Das ist das Dümmste
Auf Erden.
Es werden
Die Armen
Ohne Erbarmen
Von den Reichen und Großen [S. 36] Hinweggestoßen!
Heimatlos,
Friedlos
Müssen sie ziehen
Bergauf, bergab
Mit dem Bettelstab
Vor fremde Türen,
Aber die Herzen rühren
Der Großen und Reichen
Und sie erweichen,
Das können sie nicht!

Job

Was willst du, Armut, vor unserer Tür?

Das Weib

Job! Job! Schaue die Augen dieses Weibes! Sie
sind plötzlich voller Gift und Haß geworden. Job,
etwas Böses hat dies Weib im Sinne!

Die Armut

Zieh deinen Mantel aus,
Du Deutscher!
Zieh diese Lumpen an,
Du Weib!
Euer Bitterstunde ist gekommen,
Euch wird alles genommen,
Was ihr noch habt!
Feld, Hof und Haus!
In die Nacht hinaus
Ins Elend
Müßt ihr nun ziehen.
Und all euer Mühen
Sei umsonst.
Euern Acker dem Feind,
Euern Hof dem Verräter, [S. 37] Euer Haus dem Fremden!
So will es die Armut.
Verstoßen,
Vertrieben,
Verachtet,
Bis ihr verschmachtet
Am fremden Rain.
So soll es sein,
So will es die Armut!

Das Weib

Job, Job! Mit ihren Krallen
Hat das Weib mich angefallen
Und läßt mich nicht los.

Das Gefolge der Armut

Eilt euch!
Eilt euch!
Hier der Bettelrock!
Hier der Armutsstock!
Eilt euch!
Eilt euch!
Flieht,
Daß keiner sieht
Eure Schande!
Durch alle Lande
Sollt ihr eilen,
Nirgends verweilen!
So will es die Armut!

(nach kurzer Pause, in der die Armut mit ihrem Gefolge weiterzieht)

Job

Komm, mein Weib! Wir müssen den Hof unserer
Väter, die Scholle, die unser Blutschweiß fruchtbar [S. 38] machte, verlassen.

Das Weib

Stütze mich, Job. Dein Arm ist mein Glauben,
Dein Schritt meine Heimat.
Stütze mich,
Schütze mich, Job!

Job und sein Weib schreiten tiefer hinab. 
Ein unsichtbarer Chor spricht. 

Das Armutslied

Wir schreiten friedlos durch die Nacht
Mit schweren bangen Sorgen.
In unserm Herzen harrend wacht
Die Frage nach dem Morgen.

Dämmrung weht uns schaudernd an,
Sie ist so kalt und naß.
Das Herz im Grau kaum pochen kann.
Wie Totenlinnen ist das Gras.

Doch unsre Seele haßt den Tod,
Sie sucht des Lebens Flammen –
Und hinter uns im Morgenrot
Bricht eine Welt zusammen.

(nach kurzer Pause)

Das Weib

Ich kann nicht weiter, Job! Die Füße sind mir
wund geworden und schmerzen. Laß mich ruhen
irgendwo.

(nach kurzer Pause) [S. 39]

German Veteran, Berlin. Image via Wikimedia Commons.
German Veteran, Berlin. Image via Wikimedia Commons.

Job

Wir wollen mutig sein, mein Weib! Haben wir das
Glück langer Jahre ertragen, so müssen wir auch das
Unglück auf uns nehmen, das vielleicht ein früher
Tag schon enden kann.

Das Weib

Daß du daran noch glauben magst, Job!
Mein Herz ist längst verzweifelt an der Rettung!

Job

Wenn Nacht ist,
Mußt du an den Morgen glauben.
Wenn Tag ist,
Mußt du an den Abend denken,
Das allein macht stark.
Wer an der Gegenwart verzweifelt
Hat keine Zukunft!

Das Weib

Sieh dort über den Steinen
Das Spukbild, das sich erhebt.
Schrecklich ist es und grausig.
Mein Herz bebt und will sterben
Vor dem Anblick!

Job

Wie gräßlich das Bild!
Zerfressen von Krankheit das Antlitz,
Mit Aussatz bedeckt der Leib!
Wer bist du dort über den Steinen?

Die Seuche [S. 40]

(erscheint mit ihrem Gefolge)

Ich bin die Seuche, Bettelmann!
Ich rühre an,
Was schön ist.
Mein Odem
Verwelkt die Blumen
Und tötet Mensch und Tier.
Weh dir,
Daß du mich riefst.
Wer mich sieht,
Dem geschieht
Unheil und Leid.
Ich hauche über den Leib
Von Mann, Kind und Weib
Und verwandle
Und verschandle
Fleisch und Blut,
Mark und Bein
Zu Häßlichsein
Und weher Pein.
Job, du Deutscher, du Bettelmann!
Die Seuche,
Die Seuche rührt dich an.
Der Seuche,
Der Seuche seid ihr untertan,
Du Mann, du Weib!
Euer Leib
Sei voller Schwären und Wunden,
Sei zerkratzt und zerschunden.
Ein Ekel den Menschen,
Ein Ekel den Tieren,
Ein Ekel der Kreatur.
Die Seuche ist über dir,
Deutscher!

Job und sein weinendes Weib:

Weh uns! Unsere Kraft!
Weh uns! Sie erschlafft! [S. 41] Die Seuche hat uns gepackt!
Wer nimmt uns auf?
Wer verbirgt uns?
Die Seuche,
Die Seuche erwürgt uns!
O, öffne die Erde ein Grab
Und zieh uns zu sich hinab!

Das weinende Weib

Sieh, Job, auf meinen Leib! Wie ist er überzogen
von Häßlichkeit! Job, nimm deinen Stab und töte
mich!
Schlage mein Haupt gegen die Steine, daß ich
erlöst sei von meinem Leid.

Job

Weib, was mutest du mir zu!

Das Weib

Ist es ein Zufall, ist es eine Schickung, Job? Gib
mir Antwort!

Job

Gott läßt sich nicht zwingen
Mit Rechten und Fragen.
Der Mensch muß ertragen,
Was er erhält.

Das Weib

Wie kann ein Mensch an des Himmels Güte glauben,
Der alles ihm raubt?

Job [S. 42]

Gut und Gesundheit
Sind ja nicht alles!
Des Menschen Sein
Liegt in der Seele,
Ruht in der Brust.
Und nichts auf der Welt
Kann das zerstören,
Als des Menschen Sünde
Allein.

Das Gefolge der Seuche

Du Schwätzer, du Träumer, du Narr!
Des Schicksals Rätsel willst du ergründen
Mit einem Wort.
Der Lösungen Lösung willst du finden
Mit einem Wort!

Das hinzutretende Laster mit seinem Gefolge

Wahr spricht die Seuche!

Job

Wer bist denn du? Und woher kommst du?

Das Weib

Verführerisch ist ihre Gestalt.
Sieh, Job, auch ich konnte einst in guten Zeiten so
die Hüften wiegen!

Job

Ihre Augen sind frech und ihr Mund ist gemein!

Das Laster [S. 43]

Woher ich komme?
Und wer ich bin?
Wo Menschen ihr Elend verhängen wollen,
{Wo Menschen ihr Elend verhängen wollen,}
Da bin ich.
Ich lasse die Menschen für Stunden vergessen,
Daß sie Dreck und Steine fressen.
Ich hänge einen roten Lappen vor das Licht,
Dann sehen sie ihr Elend nicht.
Der eine umarmt mich,
Der andre verflucht mich,
Aber wenn sie Sorgen haben,
Nahen sie alle,
Um sich zu laben
Für Stunden zuerst,
Für Sekunden später.
Söhne und Väter,
Töchter und Mütter
Kommen zu mir,
Um zu schlafen,
Zu schlafen
Und zu vergessen!

Das Weib

Sie<h>, Job, diese Frau spricht eine Botschaft, die sich
wohl anhört für Menschen, die wie wir im Elend sind.

Job

So nenne uns deinen Namen, Frau!

Das Laster

Mich kennen
Alle Menschen.
Mich nennen [S. 44] Alle Menschen
Mit anderem Namen.
Der eine nennt mich Taumel,
Der andre nennt mich Wein,
Der dritte nennt mich Glücklichsein!
Dem Kinde
Bin ich Sünde.
Dem Greise
Bin ich herbsüße Erinnerung.
Leise und zaghaft
Naht sich der eine.
In seiner wilden Jugendkraft
Stürmt zu mir der andre.
Der Weise
Trennt seine Seele von mir,
Doch nicht seinen Leib.
Der Fromme zwar seinen Leib,
Doch nicht sein Sehnen.
Ich bin die Wollust
Ich bin das Stöhnen,
Habe tausenderlei Gestalt,
Mal bin ich jung, mal bin ich alt.
Mal bin ich Weib,
Mal bin ich Mann,
Mal bin ich niedrig,
Mal bin ich hoch.
Wer mich nur denkt,
Dem nah’ ich.
Ein jeder schon sah mich
Bei sich
Irgendwann!

Job

Was soll das Rätsel, Weib! Sag, wer du bist!

Das Weib

Job, ists wohl eine Göttin, die so spricht? Kann sie
erlösen?

Das Laster [S. 45]

Wohl kann ich erlösen
Vom Bösen
Doch nur für Zeit,
Nicht für die Ewigkeit!
Folgt mir
Zum Rausch,
Bis die Nüchternheit euch weckt
Zu neuem Rausch.
Die, die mir übel wollen
Und grollen,
Die nennen mich Laster!

Die Seuche und das Laster gemeinsam

Wir sind Schwestern im Geist!
Man trifft uns zumeist
In jedem Land
Hand in Hand.
Die eine geht vor,
Die andre folgt nach.
Erst kommt das Tor,
Dann das Gemach.
Und sind wir erst drinnen,
Dann beginnen
Wir unser Werk,
Das die Armut ersonnen
Und vorher begonnen.
Wir sind Schwestern im Geist.

Die Seuche

Was steht ihr und wartet?
Wen ich erst entartet,
Der folgt meiner Schwester!

Das Laster

Job, du Deutscher, folge mir,
Ich zeige dir
Die Betäubung, [S. 46] Das Vergessen.
Ohne Schmerz,
Ohne Herz
Sollst du leben
Tag für Tag.
Bis ein Stündlein,
Ein Sekündlein
Dir den Tod entdeckt,
Denn versteckt
Ist der Abgrund,
Auf den hin
Alle Menschen schreiten.
Ich will dich geleiten
Bis hin zu ihm.
Und ohne Sorgen,
Ohne Denken ans Morgen
Wird das Leben
Dir sein!

Job

Das Wort aus deinem Mund
Ist selber Abgrund,
Um mich zu verschlingen
Im Totentanz
Und umzubringen.
Wollt ihr mich ganz
Berücken,
Erdrücken,
Ersticken.
Ihr wollt mich trennen
Von Gott.
Ich soll ihn nicht nennen,
Den Gott.
Den Leib könnt ihr töten,
Doch meine Seele nicht,
Die spricht:
Herr ich glaube! [S. 47]

Der Erzengel Michael

Deutscher, du Ringer,
Du Höllenbezwinger,
Du bist stark!
Der Hölle Brut
Und Satans Wut
Werden im Gerichte
Zunichte!
Der Herr der Herrlichkeiten
Wird dich zur Freiheit leiten!

BLANK [S. 48]

[S. 49]

Image via Wikimedia Commons
Image via Wikimedia Commons

IV. Kampf und Überwindung Jobs.

Personen:

Der Erzengel Michael, Schirmherr der Deutschen,
Job,
Sein Weib,
Die Chöre der Engel.

Das Weib [S. 50]

Du hast die Gespenster vertrieben, Job, die uns
verleiten wollten, vom Herrn der Herrlichkeiten
abzufallen.
Das Laster ist fortgeeilt, als du den Namen Gottes
anriefst.
Die Armut aber blieb und auch die Seuche.
Warum denn vertreibt nicht diese auch der Name
Gottes, unseres Herrn?

Job

Wenn durch das Rufen des Namens
des Herrn der Herrlichkeit
Alle Mühe, alles Leid
Aus der Welt verschwände,
Dann wäre zuende
Des Menschen Kraft.
Im Ringen
Soll der Mensch
Die Armut zwingen.

Das Weib

Was nützt dir jetzt das Ringen, Job?

Job

Noch weiß ichs nicht, noch sehe ich kein Ziel
Und keinen Schimmer in der Nacht,
Aber mein Herz heißt mich hoffen,
Und meine Seele sieht
Den Himmel offen.
Meine Hoffnung zieht
Der Tat voran.

Das Weib

Warum denn aber lähmt die Seuche deine Kraft?

Job [S. 51]

Ich vermag es nicht, zu sagen,
Warum die Menschen auf Erden
Geschlagen werden
Mit Plagen.
Vielleicht ist die Seuche
Und ihre Pein
Ein Kehrein
In des Menschen Hast
Und die Last
Der Seuche
Gibt Muße
Zur Buße,
Zur Selbstbesinnung
Und Wiedergewinnung
Der inneren Kraft!

Das Weib

Lehrt dich das dein Verstand?

Job 

Weib, der Verstand
Verweht
Wie der Sand
Am Meer,
Wenn über ihn her
der Sturm hingeht!

Das Weib

Ist es das Herz, das dich lehrt, so zu glauben?

Job

Weib, das Herz
Zerbricht,
Wenn der Schmerz
Ueber Nacht
Das Leid entfacht, [S. 52] Und eine Antwort,
Ein Erlösungswort,
Ein Zauberwort,
Weder hier noch dort
Gegeben wird!
Weib!
Doch der Glauben,
Der bringt
Den sehnsüchtigen
Flüchtigen
Wie ein sicheres Schiff
Durch Klippe und Riff
Hinüber
Zur Insel der Rettung!
Glaube das ist:
Herz und Verstand
Vereint
Zum gemeinsamen Leben!

Das Weib

Du bist so stark, Job, und ich fühle meine Schwachheit!

Job

Lehne dich an meine Schulter, Weib, ich will dich
führen,
Solange unsre Füße gehen können.
Meine Kraft soll deine Stärke sein.

Das Weib

So dunkel ist es, Job!

Job [S. 53]

Wenn die Sterne erlöschen
Und die Sonne ertrinkt
Im Meer,
Dann sinkt
Die Finsternis
Um uns her
Wie ein schwarzes Tuch
Ueber die Welt.
Und der Fluch
Der Finsternis
Hält
Unsern Atem an.
Weib!
Dann kommt aus des Himmels Weiten
Ein göttliches Gleiten,
Ein Licht,
Das spricht
Zum Menschen:
Fürchte dich nicht!

Das Weib

Sehen die Menschen alle das Licht? Hören sie alle
des Lichtes Wort?

Job

Allen Menschen gemeinsam
Leuchtet das Licht.
Allen Menschen gemeinsam
Spricht das Licht.
Allen strahlt
Durch die Finsternis
Die Gnade.
Allen,
Die in Elend und Kümmernis
Gefallen [S. 54] Winkt der Weg in die Freiheit!
Der Weg in die Freiheit
Ist voller Beschwerde.
Er führt von der Erde
Durch bange Enge
Und wehe Gänge
Ins Licht,
Ins Licht!
Doch an des Weges Stufen
Steht der Feind.
Und sein Rufen
Klingt durch die Dunkelheit
Wie Wahrheit.
Aber die Klarheit,
Die Reinheit
Der Gnade
Lehrt uns scheiden
Zwischen falsch und wahr,
Lehrt uns meiden
Die Gefahr.
Und der Tod
Ruft vergebens!

Das Weib

Du hältst mich, Job, daß ich nicht versinke in jenem
Meere, das Unglauben heißt.
Job, ich bin müde und möchte schlafen.

Job Job

Auch mich umfängt eine wundersame Müdigkeit.
Lehne dein Haupt an meine Brust und laß uns
schlafen, mein Weib!

Die Chöre der Engel

Selig der Deutsche,
Der überwindet [S. 55] Des Feindes List.
Selig der Deutsche,
Der findet
Der Freiheit Weg.
Selig der Deutsche,
Der kämpft und siegt,
Er wird frei!

BLANK [S. 56]

[S. 57]

V. Das Nachspiel im Reiche Gottes.

Personen:

Der Herr der Herrlichkeiten,
Der Erzengel Michael, Schirmherr der Deutschen,
Die Seele Jobs des Deutschen,
Der böse Feind,
Die Chöre der Engel.

Der Herr der Herrlichkeiten [S. 58]

Des Deutschen Leiden sah ich,
Des Deutschen Kämpfen sah ich,
Des Deutschen Siegen sah ich.
Es sei genug!
Wo ist in meinem Erdenreich
Einer dem Deutschen gleich
An Ertragen und Glauben?

Der Erzengel Michael

Er hat gesiegt
In tausend Nöten,
Der Deutsche!
Es wollte ihn töten.
Der böse Feind.
Doch seine List
Zerschlagen ist
Am Deutschen.
Er nahm die Plagen,
Um ihn zu schlagen.
Er raubte sein Gut
Und spritzte ins Blut
Ihm das Gift,
Dem Deutschen!
Doch der glaubte
Und siegte!
Selig der Deutsche,
Der aus der Hölle Brand
Den Weg in die Freiheit fand!

Der böse Feind

Euer Spiel war nicht ehrlich,
Ihr habt mich belogen,
Um den Preis mich betrogen.
Noch nahm ich dem Deutschen nicht alles. [S. 59] Noch hat er sein Augenlicht,
Noch nahm ich sein Weib ihm nicht,
Noch habe ich manche Versuchung
Für ihn.

Der Erzengel Michael

Und hättest du tausend Foltern noch,
So wird der Deutsche doch
Sie überstehen.
Du bist verloren,
Aufs Neue geboren
Wird durch den Deutschen die Welt.

Der böse Feind

Ich weiche nicht! Ich töte ihn!

Der Herr der Herrlichkeiten

Deine Zeit ist vorbei
Du selber mußt sterben!
Schon ist der Abgrund aufgetan,
Der dich verschlingt.
Die Welt ist frei von dir.
Der Deutsche zerschlug dich.

Der böse Feind

Ein alter Spruch
Ein alter Fluch
Hat verkündet,
Daß einst ein Ende findet
Meine Macht
Durch einen Starken der Welt,
Dessen Treue mich fällt.

Der Erzengel Michael [S. 60]

So stirb
Und verdirb
Durch des Deutschen Schwert.

Die Chöre der Engel

Des Feindes Macht ist gebrochen
Durch den Deutschen.
Gelobt sei der Herr,
Der die Kraft gibt.
Gelobt sei der Herr,
Der die Kraft liebt
Im Starken.
Gelobt sei der Krieg,
Gelobt sei der Sieg
Des Deutschen!

Der Herr der Herrlichkeiten

Führe des Deutschen Seele
Vor meinen Thron,
Auf daß ihren Lohn
Sie erhalte!

Die Seele Jobs des Deutschen wird vor den Herrn der
Herrlichkeiten geführt.

Die Seele Jobs

Meine Augen schauen
Des Himmels Auen
Wundersam schön.
Ein herrlicher Traum
Verklärt mein Elend.
Ein Traum nur führt mein Leid
Zur Herrlichkeit. [S. 61] Ein Traum!

Der Erzengel Michael

Deutscher, deine Seele steht
Vor Gottes Majestät!
Neige dich,
Beuge dich
Vor Gott, dem Herrn!

Die Seele Jobs

Ich neige mich,
Ich beuge mich
Vor Gott, dem Herrn.

Der Herr der Herrlichkeiten

Deutscher!
Ich segne dich
Für deinen Glauben.
Deutscher, ich preise dich
Für deine Stärke.
Immer und ewiglich
Sei deinem Werke
Bestand.
Deutscher!
Dein Land
Sei die Quelle der Welt,
Die belebt und erhält
Alle Völker.
Zieh aus des Knechts Gewand!
Meine Hand
Wird dich krönen
Und versöhnen
Alle Schwären, alle Wunden,
Die im Kampfe du gefunden.
Und die Erde
Werde [S. 62] Dir gegeben,
Daß du sie führst
Und regierst
Nach meinem Willen!

Die Seele Jobs

Herr, ich bin nicht wert
Der Gnade,
Die mir widerfährt!

Die Chöre der Engel

Preise den Herrn der Herrlichkeit,
Denn unvergänglich
Ist seine Gnade.
Preise den Herrn,
Denn überschwenglich
Ist seine Güte.
Preise den Herrn der Herrlichkeit
In Ewigkeit.

Einzug der deutschen Menschen.

Der Herr der Herrlichkeiten

Kehrst du zurück auf Erden,
Soll dir Erfüllung werden
Deiner Sehnsucht!
Ich nehme die Armut
Von dir.
All dein Gut
Gebe ich dir.
Deiner Söhne Seelen
Will ich befehlen,
Von neuem zu leben.
Der Erden Herrlichkeit will ich geben
Deinem Geschlecht.
Dein Volk sei fortan
Das Volk meiner Offenbarung.
Die heiligsten Güter der Menschen [S. 63] Sollen zu Wahrung
Ihm übergeben sein.
So zieh in Frieden von mir,
Deutscher! In dein Erbe zurück,
Aus dem Elend ins Glück.
Mein Geist wird um dich sein
Und bei dir bleiben
Bis an das Ende aller Welten.
Du kamst als Knecht und gehst als Herr,
Du Deutscher!
Zieh in dein Reich
Als König!

Die Chöre der Engel

Als Sieger
Zieht der Deutsche
In sein Reich.
Als König wird er herrschen
Ueber die Welt.
Gottes Kleid
Ist seine Herrlichkeit.
Der Feind ist tot,
Zu Ende die Not,
Der Deutsche ist frei!
Auf ewig frei!

Schlußchor

(Job, das Weib, die Knechte)
(Die Söhne kommen ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen)
(Der Chor der Versuchungen zieht sich zurück)
(Das Licht strahlt auf Job):

Frei sind wir Deutschen,
Weil uns die Gnade ward,
Groß sind wir Deutschen,
Weil immer der Segen harrt
Den Gerechten.
Es konnten die Schlechten [S. 64] Nichts Böses uns tun,
Der Hölle List
Zuschanden ist.
Auf lichten Wegen
Strahlt uns entgegen
Die Liebe des Herrn.
Wen aber die Liebe umfaßt,
Der lebt,
Und wenn ihn die Welt auch haßt,
Er lebt!!

Ende.